Weshalb beschäftigst du dich mit Veränderungsprozessen?
Ich habe einige schwierige Zeiten hinter mir. Jedes Mal ist mir aufgefallen, wie viel Kraft ich entwickle, wenn es darauf ankommt. Fällt alles auseinander, fühle ich mich erst hilflos und überfordert. Doch sobald ich mein Leben beim Schopf packe, selbst aktiv gestalte, ist da plötzlich diese Energie, die mich gefühlt zur Superwoman macht. Ich finde, das hat das Leben gut eingerichtet. Mein Lieblingszitat von Hermann Hesse: „Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, der ihn beschützt und der ihm hilft zu leben.“ Klingt esoterisch, bin ich null. Aber diesen Zauber des Aufbruchs, den eine selbstbestimmte Veränderung auszeichnet, kenne und liebe ich.
Klingt gut. Warum macht eine anstehende Veränderung trotzdem so oft Angst?
Leider wissen wir manchmal gar nicht um unsere Reserven oder haben keine Ahnung, wie wir sie abrufen können – etwa, wenn wir uns um harte Entscheidungen und Veränderungen drücken und zu wenig in Kontakt mit unseren Stärken sind. Ob im Privatleben oder im Job: meist bekommen wir gesagt, wo unsere Defizite liegen. Das kann schwächen. Einfach sind Zeiten der Entwicklung aber nie. Ich mag auch nicht immer kämpfen. Der Veränderungsmodus ist enorm intensiv; das ist Spitzenleistung, keine Dauerleistung. Und manchmal ist der Zeitpunkt für eine Veränderung noch nicht gekommen. Ich horche regelmäßig in mich hinein. Tauchen zu oft Störgeräusche auf? Spüre ich, dass ich Angst vor bestimmten Dingen bekomme? Habe ich mich zu gemütlich eingerichtet und fühle mich unbeweglich? Dann merke ich zunehmend: Es wird Zeit, ich muss etwas bewegen.
Was bedeutet Veränderung für dich?
Bevor ich etwas ändere, stelle ich meine Welt auf den Prüfstand: Wo stehe ich? Was möchte ich nicht mehr? Was will ich stattdessen? Darin stecken viele Möglichkeiten, mein Leben so zu gestalten, dass es mich glücklich macht. Veränderung bedeutet für mich Selbstbestimmung, Freiheit und Entwicklung. Und vor allem: Chance!
Gamechanger: Was hat dein Verständnis zu Veränderungen so richtig auf den Kopf gestellt?
Das systemische Denken! Ein Beispiel: Wir hören oft „du bist immer so", "es ist halt so." Glaube ich daran zu sehr, lähmt mich das. Im systemischen und konstruktivistischen Denken geht es mehr darum, wie ich handle, wie ich Dinge für mich einordne. Das hat mein Leben irgendwie leichter und spielerischer gemacht. Ich kann sagen: Heute versuche ich a) und beobachte, was geschieht. Gut? Nein? Dann probiere ich es morgen mal mit b).
Was bremst oder stört einen Veränderungsprozess bei dir?
Das können verschiedene Dinge sein: Ich glaube nicht an mich, ich denke, ich habe es nicht in der Hand, Geld steht auf dem Spiel, ich mache mir zu viele Gedanken übers Versagen, ich habe kein gutes, attraktives Ziel oder sehe vor lauter Bäumen den Wald nicht... Was mich fast trotzig werden lässt, ist, wenn mir vor einer schweren Entscheidung alle sagen: „Mensch, das MUSST du machen, das ist so toll.“ Da fühle ich mich mit meinen Bedenken und Sorgen nicht wahr- und ernst genommen; darum ist mir als Coachin wichtig, dass genau dafür auch Raum ist. Veränderung sollte nicht ohne Rücksicht auf Verluste durchgeboxt werden.
Welche Veränderung ist dir persönlich richtig schwergefallen? Wie hast du die Kurve gekriegt?
Besonders schwierig finde ich Veränderungen, die Konsequenzen für andere haben. Bei Trennungen etwa. Wenn ich weiß, ich muss gehen, dann füge ich damit vermutlich einer wichtigen Person Schmerz zu. So eine Entscheidung treffe ich nicht leichtfertig. Das schulde ich meinem Partner ebenso wie mir. Mir gegenüber habe ich die größte Verantwortung. Das gilt selbst, wenn Kinder im Spiel sind, nur wird es dann ungleich komplexer. Ich bin ich dankbar, dass ich diese Situation nicht kenne. Aber meine Erfahrung bei Trennungen: Offenheit, Kommunikation und Aufrichtigkeit sind der beste Weg. Dabei sollte ich bei mir und meinen eigenen Gefühlen bleiben.